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Auf der grünen Wiese oder auf dem Boden der Tatsachen
„Die meisten MES-Systeme sind halbe ERP-Systeme“, stellt Thomas Kurth, Fertigungsplaner Spritzguss von ADC Krone, im Zusammenhang mit seiner Entscheidung für eine standardisierte MES-Lösung fest.
„Wenn ich eine neue Fertigung auf der grünen Wiese baue,“ fährt Thomas Kurth fort, „dann macht eventuell ein komplexes MES-System Sinn, jedoch hätten wir mit unserem SAP-System ein viel zu großes Overlapping.
Seit Mai 2004 gehört die Krone AG, Berlin, zum Telekommunikationskonzern ADC USA mit Hauptsitz in Eden Prairie, Minnesota. ADC ist Systemanbieter für Telekommunikations- und Datennetze mit rund 8.400 Mitarbeitern weltweit. In dem Zweigwerk Berlin mit rund 500 Mitarbeitern wurde eine MES-Softwarelösung gesucht, die einen hohen Automatisierungsgrad hat und wenig Hardware benötigt. Sie sollte ohne großen Aufwand auf die bestehenden PC- Eingabegeräte aufgesetzt werden. Außerdem sollte das System nicht zu komplex und einfach zu bedienen sein. ADC Krone hatte sich bereits auf dem Markt der MES-Anbieter umgeschaut und andere Lösungen als zu komplex bewertet. Die INCLUDIS GmbH stellte ihre Web-basierte Softwarelösung zur Maschinendatenerfassung vor, die auf Industriestandards aufsetzt und Maschinen und Anlagen einfach in die bestehende IT-Systemlandschaft integriert.
Für den Anwender war es wichtig, dass die gesamte Fertigung mit den Bereichen Spritzen/Stanzen und Montage und insgesamt 70 Maschinen aller Coleur in der Software erfasst und abgebildet werden. Die Maschinen in den drei Produktionsbereichen wurden elektrisch an ein Bussystem Ethernet TCP/IP angeschlossen. Automatisch werden so Meldungen über Zustand, Mengen und die Ist-Laufzeiten erfasst und über Web-Browser im Intranet beziehungsweise Internet online zur Verfügung gestellt. Informationen können im Shop Floor über die vorhandenen Werkstatt-PC’s und im Büro direkt über Windows Internet Explorer aufgerufen werden. Da die Softwarelösung über Maschinen lizensiert wird, spielt die Anzahl der User keine Rolle. So kann jeder berechtigte User Informationen abfragen. Jedoch haben nur Schichtführer und Meister den Zugriff, um Stillstände manuell zu buchen. Rückmeldungen zu Stillständen werden über mobile Barcodescanner vorgenommen, die über eine Dockingstation zum MES synchronisiert werden, das ist handlicher.
Apropos handlich – Stichwort Ergonomie
Eine weitere Anforderung war, dass die Oberflächen sehr einfach, fast selbsterklärend sein mussten. Das Personal soll ein Tool zur Hand kriegen, das funktioniert, leicht abrufbar und ohne viel Schulung bedienbar ist. „Die Ergonomie der Software spielt eine nicht unwesentliche Rolle für die Mitarbeiter“, meint Herr Kurth und zeigt als Beispiel eine Übersicht eines anderen Softwareanbieters, deren Informationen sehr verschachtelt sind und die er seitenweise scrollen muss. Er will keine drei Frames auf einmal öffnen, sondern auf einer Maske mit einem Blick das Wesentliche erkennen.
Prozessqualität durch Schwachstellenanalysen
Bei der Produktionsbesichtigung zeigt Thomas Kurth die Maschine mit der höchsten Produktionsleistung von einer Million Teilen pro Tag, oder 2000 Teilen in der Minute. Die gleiche Maschine zeigt er später in seinem Büro als Fertigungsauftrag im System. Er kontrolliert die Taktzeit und erkennt durch den ausgewiesenene OEE-Kennzahl sofort, dass die Vorgabezeit richtig ist. Durch das Laufzeitbild mit farbig hinterlegten Laufzeitbalken, welche Laufzeit (grün), Stillstände (rot) und Rüsten (violett) wiedergeben, ist genau dokumentiert, wann die Maschine steht und wo Schwachstellen in der Produktion sind. Zum Beispiel fiel im Montagebereich auf, dass Kurzzeitstörungen an Maschinen viel häufiger auftreten als im Stanz- oder Spritzgussbereich. Der Einrichteprozess der Maschinen mit den Prüfzeiten ist zu lang und die Werkzeugqualität und der damit verbundene Rüstvorgang sind noch Baustellen der Prozessoptimierung. In Zeiten von Produktionsspitzen werden 17 Wochenschichten gefahren. Das bedeutet, dass die erste Wochenschicht bereits sonntags um 22.00 Uhr beginnt. „Es kommt vor, dass Maschinen am Wochenende geistern“, sagt Thomas Kurth. Damit meint er, dass die Maschinen am Wochenende nicht von Personal bedient werden. Durch das MES-System wird auch für diesen Zeitraum genau festgehalten, welche Maschinen ohne Störung durchgelaufen sind. Es findet eine kontinuierliche Überwachung einzelner Maschinen oder des gesamten Maschinenparks statt. Die gesammelten Überwachung einzelner Maschinen oder des gesamten Maschinenparks statt. Die gesammelten Daten unterstützen zuverlässig die Rückverfolgbarkeit von Prozessen. Sie dienen intern als Nachweis zur Optimierung der Fertigung und extern als Nachweis zur Produktqualität und ñhaftung. „Im Moment sind die Abbildung von Laufzeit, Taktzeiten undStillständen sehr wichtig,“ berichtet Herr Kurth: „Wir monitoren den IST-Zustand, um Stillstands- und Schwach- stellenanalysen vorzunehmen. Bewegungsdaten werden ausschließlich im SAP gebucht. In Zukunft soll eine durchgängige Auftragszuordnung sowie direkte Rückmeldung an das übergeordnete SAP-System erfolgen.“
Industrieforensik: Beweismittel per MES
Um die Investitionssicherheit in die Softwarelösung zu erhöhen und die Abhängigkeit zu einem Anbieter zu minimieren, legte ADC Krone Wert auf Industriestandards im Hardware-Equipment und eine schlanke Softwarestruktur. Den amerikanischen Mutterunternehmen ist der hohe Automatisierungsgrad in der Fertigung in Berlin aufgefallen. Besonders die Prozessabläufe sind viel straffer organisiert und erfordern weit weniger Personal. Das MES-System unterstützt eine effiziente Produktionsplanung durch Aufdecken von Schwachstellen, Einsparpotentialen sowie Optimierungsmöglichkeiten. Tägliche Reports über Email sind ein wichtiges Beweismittel geworden, um Prozesse kritischer zu hinterfragen, Stillstandsgründe zu betrachten, Störquellen zu eleminieren und Wertschöpfungspotenziale aufzudecken. So wird der störungsfreie Betrieb der Maschinen sichergestellt, Ressourcen besser ausgelastet, Lagerzeiten verkürzt und vor allem eine Produktionssteigerung erzielt.